Event Zero

von Andreas Veits

Durch einen Giftgasanschlag in einer U-Bahn wird in Sydney ein todbringender Virus freigesetzt. Die neun Hauptfiguren Matt, Pamela, Gwen, Tully, Jack, Shelley, Yusuf, Scott und Harriet müssen sich nun mit den Auswirkungen dieser Katastrophe auseinandersetzen, wobei ihr Schicksal in vielfältiger Weise miteinander verknüpft zu sein scheint.

Dramaturgie und Narrative Struktur

Matt steht in einer überfüllten U-Bahn, der ihn umgebene Trubel aus zu- und aussteigenden Menschenmassen interessiert ihn kaum. Seine ganze Aufmerksamkeit liegt in diesem Moment auf seinem Handy, in das er konzentriert eine Kurznachricht tippt. Plötzlich fängt die Neonbeleuchtung über ihm an zu flackern. Ein kurzer Schnitt, die Kamera zeigt jetzt die fahrende U-Bahn von außen, irgendetwas scheint nicht zu stimmen – bei jedem Kontakt mit den Schienen sprühen Funken. Nach mehreren Überschlägen kommt der Zug schließlich zum Liegen.

Abbildungen: Screenshots aus Event Zero

Bereits der Beginn der ersten Folge („Matt“) von Event Zero vermittelt einen guten Einblick in das Setting und die Dramaturgie der Serie: Es geht um den Einbruch des Unvorhersehbaren in den Alltag von sieben Menschen, deren Leben auf die ein oder andere Weise durch einen terroristischen Anschlag aus der Bahn geworfen wird. Event Zero nutzt dabei verschiedene narrative Techniken, die es erlauben, die Schicksale der Hauptfiguren miteinander in Beziehung zu setzen:
Die Handlung ist konsequent multiperspektivisch angelegt, in jeder Episode folgt einer anderen Hauptfigur. Hierbei kommt es teilweise zu Überschneidungen oder sogar Interaktionen zwischen den jeweiligen Protagonisten, indem verschiedene Erzählstränge mehrfach aus unterschiedlichen Perspektiven erzählt werden, oder Ereignisse aus vorrangegangenen Folgen erneut aufgenommen und weitererzählt werden. So sieht man in der dritten Folge („Gwen & Tulley“), wie ein Feuerwehrmann einen Verletzten zu den Sanitätern transportiert (00:46). Zu diesem Zeitpunkt gibt es noch keinerlei Hinweise darauf, dass der Feuerwehrmann ebenfalls eine wichtige Funktion in der Erzählung übernehmen wird, denn erst in Folge Nr. 6 („Scott“) übernimmt dieser die Rolle des Protagonisten. Auf diese Weise wird ein komplexes Wechselspiel aus Informationen und Zeitmodulationen geschaffen, das sich erst im Verlauf der Serie enträtseln lässt. Die Ereignisse innerhalb der erzählten Welt spielen sich innerhalb nur einer Stunde ab. In welchem konkreten zeitlichen Verhältnis die einzelnen Episoden dabei zueinander stehen, kann jedoch erst im Verlauf der Serie erschlossen werden, weil bewusst auf eine chronologische Anordnung der Folgen verzichtet wird.
Ein weiteres Charakteristikum der Webserie ist der verstärkte Gebrauch von verschiedenen visuellen Effekten, die einzelnen Erzählfragmenten eine pseudo-authentische Wirkung verleihen. So wird beispielsweise in der vierten Folge („Gwen &Tulley“, ab Min. 0:54) der visuelle Stil einer Handkamera emuliert. Besonders auffällig und interessant funktionalisiert wird darüber hinaus das visuelle Gestaltungsmittel des Split-Screens. Vor allem in der vierten Episode („Jack &Shelley“) wird so erzählt, wie Shelley, nachdem diese das U-Bahn-Unglück überlebt hat, mit allen Mitteln versucht zu ihrem Partner Jack zu gelangen, der in ihrer gemeinsamen Wohnung zurückgeblieben ist. Wenn Shelley sich auf den Weg macht um Jack zu erreichen, wird dies in einem Split-Screen vermittelt, welcher auf der einen Seite Shelley und auf der anderen Seite des Bildschirms Jack zeigt. Während der Split-Screen zu Beginn dieser Episode weitestgehend in konventioneller Weise genutzt wird, übernimmt der Effekt zum Ende der Episode eine erweiterte Funktion: Jack verweigert Shelley den Eintritt in die Wohnung, weil er befürchtet, dass er und das gemeinsame Kind, dass sich ebenfalls in der Wohnung befindet, durch Shelley mit dem todbringenden Virus infiziert werden könnten. Daraufhin bricht Shelley in der letzten Sequenz weinend vor Jacks Tür zusammen, welche sie als Barriere von ihrem Partner auf der anderen Seite trennt. Shelley wird dabei in einer Nah-Aufnahme auf der rechten Bildseite gezeigt, während Jack auf der linken Bildseite innerhalb der Wohnung zu sehen ist. Die beiden Bildausschnitte sind dabei durch eine schwarze Trennlinie separiert. Während Split-Screens gewöhnlich dazu eingesetzt werden, Handlugen um Figuren, die gleichzeitig und/oder in geografischer Entfernung stattfinden miteinander zu verknüpfen, wird der Effekt hier in stark symbolischer Art und Weise genutzt: Die Auswirkung des Anschlags – der die Einheit der kleinen Familie in zwei Hälften zerreißt – wird hier durch den Aufbau des Split-Screens in zwei Seiten bzw. Bildausschnitte metaphorisch verdichtet.

Rezeption

Event Zero wurde 2013 mit dem Hollyweb-Festival-Award und dem Australian-Screen-Editors-Award ausgezeichnet und war u.a. im Rahmen des Webfests in Marseille und Melbourne für weitere Preise nominiert.

Angaben

Staffeln: 1
Episoden: 7
Episodenlänge: ca. 4-5 Min.
Erscheinungsrhythmus: unregelmäßig
Zuerst gezeigt auf: http://www.eventzeroseries.com/ (nicht mehr verfügbar)
Regie: Marc Furmie/Carlo Ledesma/Shane Abbess
Produktion: Distracted Media
Jahr: 2013
Genre: Drama 



Abrufbar unter: 

YouTube
(Zugriff: 26.08.2020)


Sonstige Quellen

Blog zur Serie (nicht mehr verfügbar)
(letzter Zugriff: 30.09.2014) 

https://www.enzotedeschi.com.au/event-zero

Behind the Scenes:
YouTube
(letzter Zugriff: 26.08.2020)


(Andreas Veits, 15.10.2014; aktualisiert 26.08.2020)