L.A. Rangers

von Julia Weber

Im Mittelpunkt der Serie L.A. Rangers stehen zwei bisher erfolglose Filmemacher, die einen Sommerjob als Park Ranger im Griffith Park in Los Angeles angenommen haben, insgeheim aber von dem Durchbruch als Regisseure in Hollywood träumen. Ihr eher langweiliges Leben bringt die beiden dazu, sich in verschiedene Genres und Filmwelten hinein zu phantasieren. In Zentrum dieser geistigen Reisen steht die Auseinandersetzung mit verschiedenen Filmklassikern und -genres.


Abbildungen: Screenshots aus L.A. Rangers


Kontext und Medienumgebung

Veröffentlicht wurde die Webserie auf dem Online-Portal CW Seed, einem Ableger des amerikanischen Fernsehnetzwerkes The CW. Die Internetplattform fungiert als Veröffentlichungsort für audiovisuelle Inhalte, die ausschließlich für die exklusive Veröffentlichung im Netz produziert werden. Die Plattform ist laut Angaben des The CW-Networks, ein Projekt, bei dem der Sender mit neuen Formaten, Inhalten und Stilen experimentieren kann, die im traditionellen Fernsehen nicht funktionieren würden. L.A. Rangers kann als beispielhaft für eine derartige nicht massenkompatible Produktion verstanden werden. Bei der Webserie handelt es sich um ein Projekt des Schauspielers Wilson Bethel, der in der The CW-Produktion Hart of Dixie eine Hauptfigur verkörpert. Gemeinsam mit dem Produzenten Dungan O'Neil schrieb er das Drehbuch für die Webserie und führte Regie. Außerdem sind Bethel und O’Neil in den Hauptrollen zu sehen.

Dramaturgie und narrative Struktur

Die Webserie L.A. Rangers besitzt in Bezug auf die Kürze der Episoden eine erstaunlich komplexe Handlungsdramaturgie. Sie lässt sich als Hybrid-Form der series und des serials einordnen. So verfügt sie einerseits über einen folgenüberfreifenden Handlungsstrang, enthält auf der anderen Seite aber auch Elemente der series, da jede Episode dramaturgisch auf ein Ende hinläuft und handlungslogisch in sich geschlossen ist.
Alle Episoden (mit Ausnahme der Finalfolge) folgen einem ähnlichen dramaturgischen Aufbau. Jede Folge beginnt mit einer vergleichbaren Ausgangssituation: Die beiden Park Ranger Parker und O'Neil gehen ihrer Arbeit im Park nach und unterhalten sich. Nach kurzer Zeit treffen die beiden auf andere Figuren, wodurch sich die eigentliche Handlung in Gang setzt, die vor allem daraus besteht, dass die Park Ranger darüber fantasieren ihre kreativen Träume als Filmemacher auszuleben. Jede Folge der Webserie verfügt neben dieser gleichbleibenden diegetischen Rahmenhandlung über umfangreiche metadiegetische Binnenerzählungen, die sich aus der Rahmenhandlung heraus entwickeln. So bauen die beiden Protagonisten die Figuren, die sie umgeben und die Themen, die sie beschäftigen in ihre Traumvorstellungen mit ein und verknüpfen diese mit Anspielungen auf bekannte Filmklassiker und gängige Filmgenrekonventionen. Diese Tagtraumsequenzen können als mentale Metadiegesen (vgl. Kuhn 2011: 285) kategorisiert werden, die sich eindeutig beiden Hauptfiguren zuordnen lassen. Diese doppelte Zuordnung wird vor Beginn jeder Tagtraumsequenz eindeutig markiert. In Episode 1 diskutieren Parker und O'Neil beispielsweise über die Sinnhaftigkeit von Genre-Mash-Ups, als sie von einem Spaziergänger unterbrochen werden, der nach dem Weg fragt. Die beiden sind so in ihre Überlegungen vertieft, dass sie den ahnungslosen Mann kurzerhand in ihre Vorstellungen miteinbeziehen: Kurz vor Beginn der Tagtraumsequenz sind beide Ranger in einer Naheinstellung zu sehen. Sie werden aus einer leichten Aufsicht gezeigt und richten beide ihren Blick nach oben, was als Anzeichen dafür gedeutet werden kann, dass die beiden gerade ihre Aufmerksamkeit auf ihre Tagträume gerichtet haben. In der darauffolgenden Einstellung verschwimmt das Bild leicht und der zuvor gezeigte Spaziergänger sitzt plötzlich auf dem Rücken eines Pferdes. Er wird dabei aus einer Untersicht gezeigt und trägt einen schwarzen Mantel sowie einen Hut und eine Sonnenbrille. Die Landschaft im Hintergrund des Mannes ist zudem nicht mehr grün, sondern dunkel und bergig. In der nächsten Einstellung sind wieder Parker und O'Neil im Bild zu sehen. Die Bildanordnung sowie die Mimik und Gestik der beiden ist ähnlich wie in der zu Beginn beschriebenen Einstellung. Allerdings tragen die beiden nun nicht mehr ihre Rangeruniform, sondern sind im Stil eines Cowboys und eines ‚Mexikaners’ gekleidet. Außerdem ist der Hintergrund des Parks dem einer Wüstenlandschaft gewichen.
Dass es sich bei den beschriebenen Einstellungen um den Anfang einer Tagtraumsequenz handelt, lässt sich vor allem daran festmachen, dass sie durch das Verschwimmen des Bildes und den Wechsel des Settings, der Kleidung, des Farbfilters etc. deutlich von der diegetischen Rahmenhandlung abgegrenzt wird. Dass die mentale Metadiegese den beiden Protagonisten gleichermaßen zugeordnet werden kann, ist vor allem durch die zu Beginn beschriebene Denkhaltung und den starren Blick der beiden markiert, die der Tagtraumsequenz unmittelbar voran geht. Auch am Ende der Sequenz wird der Übergang von der Metadiegese zurück zur Diegese erneut durch den Wechsel in der ästhetischen Gestaltung, der Kleidung usw. markiert. Auch wenn die Erzählung an dieser Stelle zurück in die diegetische Welt wechselt, scheinen die beiden Protagonisten immer noch tief in der Welt ihrer Fantasie versunken zu sein. Dass es sich bei der gezeigten Sequenz ausschließlich um die inneren Denkprozesse der beiden Protagonisten handelt, wird außerdem durch die verwirrte Reaktion des Spaziergängers deutlich, der verzweifelt fluchend erneut nach dem Weg fragt: „Can you please just tell me where the damn park is?“
Die beschriebene mentale Metadiegese kann als beispielhaft für die weiteren Tagtraumsequenzen angesehen werden, die in jeder Episode im Mittelpunkt der Handlung stehen. Jede Metadiegese ist zu Beginn und am Ende eindeutig durch visuelle und auditive Elemente gekennzeichnet und lässt sich durch ähnliche Markierungen eindeutig als Bewusstseinswiedergabe der beiden Protagonisten einordnen. Die Länge und Komplexität der Handlungsstruktur der Metadiegesen variieren dabei von Folge zu Folge. So ist die Metadiegese in Episode Nr. 3 nur etwa sieben Sekunden lang und vermittelt lediglich einen kurzen Eindruck einer beschriebenen Idee der Protagonisten, während die Metadiegese in Episode fast fünf Minuten lang ist und einen eigenen Handlungsstrang mit Exposition, Konflikt und Auflösung besitzt. Im letzten Beispiel hat die Diegese eher eine rahmende Funktion und die Basishandlung spielt sich in der Metadiegese ab.

Genre und Ästhetik

Die Webserie lässt sich dem Genre der Comedy zuordnen. Im Zuge der metadiegetischen Tagtraumsequenzen werden außerdem zahlreiche Filmgenres imitiert und parodiert, die zuvor in der Diegese auf sprachlicher Ebene in den Dialogen der Protagonisten diskutiert werden. Die ästhetische Gestaltung der Webserie ist geprägt von dieser Auseinandersetzung mit verschiedenen Filmgenres.
Auch hier lässt sich beispielhaft Episode Nr. 1 anführen. So beginnt die Folge unmittelbar mit einer hitzigen Diskussion über Filmgenres und den Animationsfilm „An American Tail: Fievel goes West“: „It's one of the great films of the genre.“ „No, it's definitly not!“ „It most definitly is!“ „No, it's not!“ „Yes, it is“ (...) „It's not a Western.“ „Bro, it's called 'Fievel goes West.'“ Die Thematik der Diskussion greift im weiteren Verlauf die in Hollywoodfilmen gängige Konvention der Genre-Hybridisierung auf, bei der Filme „erkennbar auf zwei oder mehr etablierte Genre-Erzählmuster, -Inszenierungsweisen und -Themen zurückgreifen und [diese] miteinander verbinden“ (Filmlexikon Uni Kiel). Die theoretische Diskussion über Cross-Genre-Filme wird im weiteren Verlauf der Episode durch eine mentale Metadiegese audiovisuell umgesetzt. So handelt es sich bei der eingeschobenen Traumsequenz um eine kurze Narration, die größtenteils im Stil von Westernfilmen gehalten ist. Die Figuren tragen genretypische Kleidung, benutzen Pferde als Fortbewegungsmittel und agieren in dem Setting einer kargen Wüstenlandschaft. Die Kargheit der Landschaft wird durch einen Farbfilter unterstrichen. Durch Pferdewiehern und extra-diegetische, dramatische Musik wird die spannungsgeladene Atmosphäre, die typischerweise in Westernfilmen vorherrscht, auditiv unterstützt. Im weiteren Verlauf der metadiegetischen Narration werden außerdem Elemente aus dem Genre des Zeichentrickfilms sowie der Matrix-Filmreihe eingeflochten. In der beschriebenen Sequenz wird, die zu Beginn theoretisch diskutierte Konvention der Genre-Hybridisierung sehr überspitzt dargestellt und auf eine komödiantische aber gleichzeitig anerkennende Art und Weise parodiert, indem Elemente dreier sehr verschiedener Filmgenres im Schnelldurchlauf inhaltlich und visuell miteinander kombiniert werden.
Der am Beispiel von Episode Nr. 1 analysierte Umgang mit filmischen Referenzen kann als Hauptbestandteil der Webserie angesehen werden und ist auf ähnliche Weise in den weiteren Episoden zu finden.

Angaben

Staffeln: 1
Episoden: 7
Episodenlänge: min. 5 – 10 min. [Ø 7,48 min.]
Erscheinungsrhythmus: nicht bekannt
Zuerst gezeigt auf: CW Seed
Produktion: The CW Television Network (The CW)
Jahr: 2013
Genre: Comedy


Abrufbar unter:

http://cwseed.com/shows/la-rangers/
(Zugriff:26.08.2020 - Geoblocking- nur in den USA abrufbar)


Sonstige Quellen:

Filmlexikon Uni Kiel
Hollywoodreporter.com
Kuhn, Markus / Scheidgen, Irina / Weber, Nicola Valeska (2013): Filmwissenschaftliche Genreanalyse. Eine Einführung. Berlin: De Gruyter.
Kuhn, Markus (2011): Filmnarratologie. Ein erzähltheoretisches Analysemodell. Berlin: De Gruyter.
The CW
(Zugriff: 26.08.2020)



(Julia Weber, 19.03.2015)