Ex-Model

von Maria Malzew

Was macht eigentlich ein ehemaliges Topmodel, das für die Modeindustrie zu alt geworden ist? Genau dieser Frage muss sich die in Paris lebende Chinesin XinXin stellen. Dabei entdeckt die gerade mal 25-Jährige schnell, dass es gar nicht so einfach ist, als Ex-Model den Lebensunterhalt zu bestreiten und den gewohnten Lebensstil beizubehalten. Weil sie bisher jedoch nichts anderes als Modeln gelernt hat, muss sie die verrücktesten Jobs annehmen und landet unterdessen häufig in peinlichen oder lustigen Situationen. So wird XinXin unter anderem unfreiwillig zum Vorbild für eine Sexpuppe oder muss bei einem weiteren Job eine Antifalten-Creme mit ungewöhnlichen Nebeneffekten testen.


Abbildung: Screenshot aus Ex-Model


Anmerkung

Die auf der wahren Lebensgeschichte der Hauptdarstellerin Xing Wang basierte biografische Webserie bedient sich der Thematik, die in den letzten Jahren vor allem durch diverse Reality-TV-Formate populär geworden ist. Dass Modelbusiness als Massenunterhaltung gut funktioniert und darüber hinaus den Produzenten sogar Millionenumsätze bringen kann, weiß der deutsche Zuschauer spätestens seit der Ausstrahlung von Germany’s Next Topmodel. Was dieses Unterhaltungsformat allerdings nicht thematisiert, ist die Frage danach, welche berufliche Möglichkeiten den jungen Frauen überhaupt noch bleiben, wenn sie in der schnelllebigen Fashionindustrie bereits mit Anfang Zwanzig als zu alt gelten.

Die chinesisch-französische Webserie spricht diese Problematik dagegen offen an und macht sie sogar zum zentralen Leitmotiv der Handlung. Leider bleibt die Auseinandersetzung mit dem Thema dabei auch hier eher oberflächlich: So wird von den Serienproduzenten nicht reflektiert, warum XinXin nicht mehr als Model arbeiten kann oder warum die Modeindustrie überhaupt immer jüngere Gesichter braucht. Stattdessen wird der Alltag eines arbeitslosen Models komödiantisch – fast wie in einer Slapstick-Komödie – in Szene gesetzt, wobei häufig sowohl Model-Stereotypen als auch Asiaten-Klischees im Mittelpunkt der Erzählung stehen. Das thematische Potenzial der Serie, das hier durchaus vorhanden ist, könnte in Bezug auf ihre sozial-kritische Funktion aber weiter ausgebaut werden, wenn die Figuren differenzierter dargestellt würden.

Außergewöhnlich ist bei dieser Produktion der mutige Umgang mit formalen Mitteln. Bereits ab der ersten Sekunde der Serie wird mit schnellen Schnitten, mit eingefügten schnellwechselnden Fotos und Videos, mit Schriftzügen im Bild und dem darübergelegten Voice-Over ein rasantes Tempo der Erzählung vorgelegt. So erfährt man beispielsweise in der ersten Folge ("Life as a model") durch eine schnelle Montage aus Videos und Fotos, die wie in einem Album von XinXin persönlich umgeblättert und von ihr durch ein Voice-over kommentiert werden, wie aus der Sicht der Protagonistin sie überhaupt zum Modeln kam. Dieser subjektive Eindruck wird zusätzlich dadurch verstärkt, dass XinXin ihre Erzählung manchmal unterbricht, um etwas zu erzählen, was mit den Ereignissen ihrer Vergangenheit nicht unmittelbar zu tun hat, wobei gerade durch derartige ‚Abschweifungen‘ individuelle Wertvorstellungen der Figur ersichtlich werden (wie etwa in Folge 1: „aber, schaut hier, das Mädchen ist fast so hübsch wie ich“). 


Durch den schnellen Einstellungswechsel und die schon beschriebene Fülle an Stilmitteln muss sich der Rezipient zunächst an die bunte und sehr schnelle Welt der Serie gewöhnen. Insgesamt besteht darin aber genau der Reiz der Serie.


Angaben

Staffeln: 2
Episoden: 20
Episodenlänge: ca. 4-8 Minuten
Zuerst gezeigt auf: Youku Original
Produktion: Drunken Dragon Productions
Jahr: 2014-2015
Genre: Komödie
Abrufbar unter: Amazon Prime 



(Maria Malzew, 24.05.2017)