IISuperwomanII und SuperwomanVlogs


von Sina Göing // 


Hinter dem Namen „IISuperwomanII“ verbirgt sich der englischsprachige YouTube-Kanal der kanadischen YouTuberin, Comedian, Schauspielerin, Schriftstellerin und Sängerin Lilly Saini Singh. Parallel zu ihrem Hauptkanal unterhält Singh einen Zweitkanal namens „SuperwomanVlogs“. Sowohl Lilly Singhs Haupt- als auch ihr Zweitkanal wurden millionenfach abonniert. Für die Webserienforschung von Interesse sind vor allem die auf „IISuperwomanII“ geposteten Sketch-Videos. In Anlehnung an eine von Markus Kuhn aufgestellte Definition (vgl. 2016, 439f.) lässt sich festhalten, dass die Sketch-Videos von Singh viele Eigenschaften aufweisen, die typisch für Webserien (im engeren Sinne) sind. So sind die Videos in einem Videoportal – YouTube – eingebettet, haben in der Regel eine Länge von unter zehn Minuten und beginnen mit einem Vorspann bzw. einer kurzen Logo-Einblendung. Zusätzlich sind viele Sketche von einer persönlichen Begrüßung bzw. Verabschiedung Singhs gerahmt, wobei auf letztere die Endcard mit Verlinkungen auf vergangene Videos folgt. Während sich die in den Sketchen auftretenden Personen meist selbst spielen, ist der Inhalt der Videos fiktional. Hervorzuheben sind vor allem jene Sketch-Videos, in denen die fiktiven Eltern Singhs – Paramjeet und Manjeet – in Erscheinung treten. Beide Charaktere werden von Lilly Singh selbst verkörpert. Die Figuren zeichnen sich nicht nur durch einen auffälligen indischen Akzent aus, sondern sind zudem stets gleich gekleidet. Während Manjeet Singh ein übergroßes Poloshirt trägt, tritt seine Ehefrau Paramjeet in einem Sari auf. Sowohl untereinander als auch Lilly gegenüber legen die traditionsbewussten Eltern ein nörgelndes, leicht reizbares und uneinsichtiges Verhalten an den Tag. Konfliktpotenzial birgt insbesondere das Benehmen ihrer westlich sozialisierten Tochter, dem sie aufgrund kultureller Differenzen mit Verwunderung, Verständnislosigkeit und Zurechtweisung begegnen. Die starke Überzeichnung der Charaktere hinsichtlich Aussehen und Verhalten dient insgesamt dem komödiantischen Effekt, der unterstützt wird durch die gleichzeitige Überspitzung gängiger Klischees. Darüber hinaus wirken Paramjeet und Manjeet in einem ihnen gewidmeten YouTube-Format namens „My Parents React“ mit, das in unregelmäßigen Abständen auf „IISuperwomanII“ erscheint. Dort reagieren die Charaktere auf Trends und Phänomene der aktuellen Popkultur, darunter Musikvideos, Filmtrailer und Instagram-Posts. Abermals kommt hier ihre Verwirrung über die von ihnen als fremd empfundene westliche Welt zum Ausdruck. „My Parents React“ weist am stärksten webserienähnliche Eigenschaften auf. Anders als die übrigen Sketche sind die einzelnen Episoden von „My Parents React“ zu Staffeln zusammengefasst. Die Videobezeichnung besteht aus dem Rubriktitel und der Episodennummer, welche die Videos als Teile einer Serie erkennbar machen. In Hinblick auf das Klassifizieren verschiedener Webserienformen übernimmt Kuhn die Unterteilung in Serials und Series aus der Fernsehserienforschung und überträgt diese auf das Feld der Webserien. Als Serials werden all jene Webserien definiert, die sich durch folgenübergreifende Handlungsstränge auszeichnen; der Begriff Series bezieht sich auf Webserien, in denen folgeninterne Handlungsbögen überwiegen (vgl. Kuhn 2017, 111). Folglich können Singhs Sketche der letzten Kategorie – den Series – zugeordnet werden. Obwohl es sich bei Singh und ihren fiktiven Eltern um wiederkehrende Figuren mit mehr oder minder dominanten Charakterzügen und Eigenheiten handelt, stehen die Sketch-Videos in keinem narrativen Zusammenhang zueinander. Abgesehen von Lilly, Paramjeet und Manjeet treten andere Personen nur folgenintern auf; die Handlung gilt mit Ende jedes Sketch-Videos als abgeschlossen. Der Rückgriff auf Stereotype – wie er in „My Parents React“ zu beobachten ist – stellt innerhalb der Webserienlandschaft keinesfalls eine Seltenheit dar. Laut Kuhn lassen Webserien oft eine klischeehafte Inszenierungsweise erkennen. Die starke Typisierung der Figuren steht dabei im Dienste der Erzählökonomie, die durch die Kürze der Episoden bedingt ist (vgl. Kuhn 2016, 443).



Beide Abbildungen: Screenshots aus der Reihe My Parents React (YouTube-Kanal von Lilly Singh)


Anmerkungen

Die webserientypischen Sketche auf „IISuperwomanII“ sind eingebettet in ein breitgefächertes Angebot an Online-Videos. Die Inhalte auf Singhs Hauptkanal bewegen sich dabei hauptsächlich im Comedy-Bereich und sind etablierten YouTube-Angebotsformen, darunter „Expectations vs. Reality“, „How to X“, „In Real Life“, „Types of X“ und „Things X Do“, zuzuordnen. Neben Challenges, humoristischen Ratgebervideos und Erfahrungsberichten werden auch immer wieder Livestreams, Q&As, Musikvideos und Songparodien hochgeladen. In vielen ihrer Videos kollaboriert Singh zudem mit YouTubern oder anderen Personen des öffentlichen Lebens. Oftmals greifen die Videos das aktuelle Zeitgeschehen auf oder thematisieren – wie in „My Parents React“ – Singhs indische Wurzeln. Im Vergleich zu ihrem Hauptkanal finden sich auf „SuperwomanVlogs“ weniger aufwändig produzierte Videos wie Vlogs, Storytimes, Unboxing-Videos, Outtakes und weiteres Behind-the-Scenes-Material.

Angaben

Staffeln: die vielfältigen Videoposts auf „IISuperwomanII“ und „SuperwomanVlogs“ sind nicht in Form von Staffeln organisiert (die Videoreihe „My Parents React“ hat indes 1 Staffel)
Episoden: – (außer die 1. Staffel von „My Parents React“ mit bisher 29 Episoden)
Episodenlänge: – (das spezifische Format „My Parents React“ hat eine Episodenlänge von ca. 4–9 Minuten)
Zuerst gezeigt auf: YouTube
Jahr: IISuperwomanII (2010– ); SuperwomanVlogs (2011– )

Genre: Komödie

Abrufbar unter:

https://www.youtube.com/user/IISuperwomanII/featured
https://www.youtube.com/user/SuperwomanVlogs
(Zugriff: 05.06.2019)


Forschungsliteratur

Kuhn, Markus (2016) Die WG im Netz. Deutschsprachige Webserien-Genres im Spannungsfeld kultureller und medialer Transformationsprozesse. In: Transmediale Genre-Passagen. Interdisziplinäre Perspektiven. Hrsg. v. Ivo Ritzer/Peter W. Schulze. Wiesbaden: Springer VS, S. 431–459. Kuhn, Markus (2017) Webserie. In: Erzählen. Ein interdisziplinäres Handbuch. Hrsg. v. Matías Martínez. Stuttgart: Metzler, S. 111–114.

(Sina Göing, 05.06.2019)